„Der MDS sieht in den heute in Berlin vorgestellten Umsetzungsvorschlägen eine wesentliche Hilfestellung für die anstehenden politischen Entscheidungen. Mit dem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff und mit dem neuen Begutachtungsinstrument liegt jetzt das wissenschaftlich überprüfte Instrument vor, das wir brauchen, um die seit langem bekannte Ungleichbehandlung von somatisch erkrankten und psychisch oder demenziell erkrankten Menschen zu beenden. Diese Neufassung ist längst überfällig und wird für viele Betroffene und ihre Angehörigen eine große Erleichterung bedeuten. Denn erfasst werden soll in Zukunft nicht mehr der Zeitaufwand für personelle Hilfen, sondern der Grad der Selbstständigkeit einer Person bei Aktivitäten in insgesamt acht pflegerelevanten Lebensbereichen wie z. B. kognitive und kommunikative Fähigkeiten oder der Umgang mit krankheits- und therapiebedingten Anforderungen. Das Instrument berücksichtigt damit auch den besonderen Hilfe- und Betreuungsbedarf von Menschen mit kognitiven oder psychischen Einschränkungen, was mit dem bisherigen Instrument nicht möglich war. Die Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffes wird aber nur möglich sein, wenn parallel, wie vom Beirat dargelegt, die Strukturen der Leistungserbringung weiter entwickelt und besser auf die Bedürfnisse des einzelnen Pflegebedürftigen zugeschnittene Hilfen geschaffen werden.“ An die Politik richtete Pick die Erwartung, dass sie den nach intensiven Vorarbeiten entwickelten Pflegebedürfigkeitsbegriff gesetzlich verankert und hierfür die nötigen politischen Entscheidungen trifft.

Hintergrund:

Unter Vorsitz von Dr. Jürgen Gohde hatten mehr als 50 Vertreterinnen und Vertreter aller Akteure des Handlungsfeldes Pflege im „Beirat zur Überprüfung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs“ an dem Ende Januar vorgelegten Abschlussbericht mitgewirkt und die jetzt vorgestellten Vorschläge zur Umsetzung entwickelt. Der Beirat war von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt im Herbst 2006 mit dem Auftrag eingerichtet worden, den seit Einführung der Pflegeversicherung als zu eng kritisierten Pflegebedürftigkeitsbegriff zu überarbeiten.

In den Bericht des Beirats sind die Ergebnisse des Modellprojekts "Maßnahmen zur Schaffung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs und eines Begutachtungsinstrumentes zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach dem SGB XI" der Pflegekassen eingegangen, an dem die MDK-Gemeinschaft wesentlich beteiligt war. Im Kern beinhaltet der Abschlussbericht die Konzeption eines neuen Begutachtungsverfahrens, das das Institut für Pflegewissenschaft der Universität Bielefeld gemeinsam mit dem MDK Westfalen-Lippe erarbeitet und im Februar 2008 vorgelegt hatte (Hauptphase 1). Im Anschluss wurde dieses Verfahren in der Praxis erprobt und vom MDS und dem Institut für Public Health und Pflegeforschung (IPP) der Universität Bremen unter Beteiligung von acht Medizinischen Diensten der Krankenversicherung (MDK) wissenschaftlich evaluiert (Hauptphase 2).